53°32'23.4"N 9°41'33.6"E
Alter Elbdeich mit Mühle

Drohenaufnahme vom Borsteler Ortskern. Im Vordergrund Alter Elbdeich mit der Galerie-Holländer Windmühle, im Hintergrund die Kirche Am alten Elbdeich in Borstel sind die mittelalterlichen Strukturen der Kulturlandschaft aus der Hollerkolonisation erhalten. Der Standort einer Mühle ist an dieser Stelle für die erste Hälfte des 17. Jahrhundert belegt.


Drohnenaufnahme mit Blick auf Borstel, den mittelalterlichen Deich, Hafen, parallel zurElbe Die Hauptstraße folgt der mittelalterlichen Deichlinie. Der Borsteler Hafen und die Obstbauflächen zwischen Straße und heutigem Elbdeich lagen bis 1976 außendeichs.


Historische Aufnahme eines Deichbruchs mit einsrömendem Wasser. Gebrochener Elbdeich bei der Sturmflut 1962. An der Bruchstelle ist der einheitlich dunkle Klei des Deichkörpers erkennbar.





Historisches Foto der Deichbau Mitte des 20.Jahrhunderts Auf dem Foto der Deichbaumaßnahme ist der alte Deich im Vordergrund mit seiner steileren Böschung erkennbar, Beim neuen Deich erkennt man den Sandkern mit der Kleischicht darüber. Für die Kleischicht wurde der Klei des alten Deichs genutzt.


Deichbau

Auf höheren Gebieten in Flussnähe gab es bereits vor der Hollerkolonisation Siedlungen sächsischen Ursprungs. Die Menschen lebten auf Wurten und auf den natürlichen Erhebungen, wie zum Beispiel Sanddünen. – Die Neuenfelder Kirche St- Pankartius steht auf einer solchen Sanddüne. – Das Sietland war jedoch von Prielen durchzogen und war der Tide (Ebbe und Flut) ausgesetzt.
Im frühen 12. Jahrhundert holte der Erzbischof von Bremen holländische Lokatoren an die Elbe, die das Sietland urbar machen sollten. Mitte des 13. Jahrhunderts war der Kolonisationsprozess abgeschlossen. In dieser Zeit wurden  die Drei Meilen eingedeicht und die Entwässerungssysteme angelegt.
Jede Meile für sich ist ein Großpolder, umgeben von den Flussdeichen und nach Süden mit einem Hinterdeich gegen die Wasser aus dem Moorgürtel abgeschirmt. Teilweise sind heute noch kleine Kajedeiche oder Hinterdeiche zu erkennen, wo man während des Kolonisationsfortgangs Teilbereiche ein- oder ausgedeicht hatte.

Die mittelalterlichen Deiche waren niedriger als heute und hatten steile Böschungswinkel. Sie bestanden ausschließlich aus Kleierde.

Noch 1935 erreichten selbst die höchsten Deiche im Alten Land nicht den Wert von 5,33 m. Allerdings hatten sie  bereits ein deutlich günstigeres Böschungsverhältnis als noch im 18. Jahrhundert.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden der Elbdeiche im Alten Land erhöht und das Profil verbessert. Nach der katastrophalen Sturmflut in den Niederlanden wurde 1955 in einem Küstenplan beschlossen, die Deiche auf 6,60 m NN Stickhöhe aufzudeichen. 1958 wurden die Arbeiten in der Ersten Meile begonnen. Wären sie nicht so frühzeitig eingeleitet worden, wären die Deiche der Ersten Meile wohl bei der Strumflutkatastrophe im Februar 1962 auf breiter Strecke durchbrochen.
Das Wasser steieg auf 5,73 m NN an.
Die Sollhöhe für den Elbdeich im Bereich des Alten Landes wurde auf 7,20 m NN festgelegt und 1976 nach der Sturmflut auf 8,00 m NN erhöht.

Das Deichprofil des heutigen Elbdeiches beträgt bei der Innenböschung 1:3, bei der Außenböschung mindestens 1:4. Außerdem ist der Deich in Höhe, Neigung und Breite einheitlich. Auch der innere Aufbau des heutigen Elbdeichs ist anders. Die heutigen technischen Möglichkeiten erlauben es, Sand aus der Elbe abzupumpen und als Deich aufzuschichten, der dann außen mit einer Kleischicht bedeckt wird.

Die alten Deiche waren nicht in einheitlichem Zustand. Vom Mittelalter bis 1963 war das Deichwesen nach dem Prinzip der Kabeldeichung organisert. Jeder Landbesitzer war für den zu seinem Hof zugewiesenem Deichabschnitt – dem sogenannten Deichkabel – verantwortlich. Beschaffenheit und Pflegezustand der Deiche waren unterschiedlich. Mitte des 20. Jahrhunderts war es schwierig geworden die jeweils zuständigen Landbesitzer und Deichkabel zuzuordnen.
1963 wurde die Kabeldeichung in die genossenschaftliche Form der Kommunionsdeichung umgewandelt.
Pflege- und Instandhaltung werden seitdem vom Deichverband beauftragt und in gemeinsamen Deichschauen durch Vertreter der unteren Deichbehörde beim Landkreis überprüft.


Deichlinie

Durch den Bau des ersten, älteren Lühesperrwerks 1940 und den Neubau 1967 an der Lühemündung (die Rollbrücke wurde 1982 durch eine Klappbrücke ersetzt), sowie des ersten Estesperrwerks 1958 und eines Neubaus an der Estemündung 2002, konnten diese Flussmündungen bei Sturmflutgefahr verschlossen werden. Die Deiche der Nebenflüsse müssen „nur” noch dem sich aufstauende Flusswasser standhalten. Die Elbdeiche und die Sperrwerke bilden seitdem die Hauptdeichlinie bei Sturmflut.

Nach der Sturmflut 1962 wurde auch die Deichlinie neu geplant. Die Deichlinie wurde begradigt, außendeichs liegende Gebiete und die Insel Hahnöfersand wurden 1976 eingedeicht.

Der Deichverband der Zweiten Meile verantwortet insgesamt eine Deichlinie von 12,1 km Elbdeich und 36,7 km Schutzdeichen an Este und Lühe. Sein Verbandsgebiet umfasst rund 12.000 Hektar und reicht geografisch bis an die Höhenlinie von 7 Meter über NN, also bis an die Geest heran. In diesem Gebiet umfasst der Verband ca. 16.000 Mitglieder und schützt 50.000 Menschen.


Alter Elbdeich mit Mühle

Der alte Elbdeich in Borstel steht unter Denkmalschutz. Dieser Teil der historischen Deichlinie blieb erhalten als die Deichlinie in den 1970er Jahren begradigt und die Insel Hahnöfersand mit eingedeicht wurde. An dem Deichrest können wir die mittalterliche Deichstruktur erkennen. Der Deich besteht aus Kleierde. Er hat die typischen steilen Böschungswinkel. Wenn wir vom Deich Richtung Westen schauen, können wir die alte Deichlinie erahnen. Die Hauptstraße folgt der historischen Deichlinie. Der Borsteler Hafen und die Obstanlagen lagen bis in ddie 1970 Jahre außendeichs.


Die Geschichte der Windmühle

Als die erste Windmühle in Jork-Borstel errichtet wurde, gab es noch keine Gewerbefreiheit. Niemand, auch wenn er über entsprechende Geldmittel verfügte, durfte eine neue Mühle ohne Privileg oder Bewilligung des Landesherren bauen und betreiben.

Das Privileg verlieh der Bremer Erzbischof dem Gräfen Dietrich Schulte, der Anfang des 17. Jahrhunderts eine erste Bockwindmühle errichtete. Bereits 1633 heißt es, dass der Gräfe Nicolas Dehmel die gänzlich verfallene Mühle zu seinem Nutzen wieder aufbaute.

1671 kam es dann zu einem Unfall, als ein junger Mann beim Durchlauf seines Mehls dem Kammrad zu nahe kam, das ihn an sich zog und zerdrückte. Wie damals üblich fiel die Mühle daraufhin in Staatsbesitz.

Ein Jahr später teilte der schwedische König mit, dass man die Mühle für 100 Reichstaler auslösen könne. Otto Wilhelm von Königsmarck war der Sohn des 1663 in Stade beigesetzten Generalgouverneurs der Herzogtümer Bremen/Verden. Er erwarb die Mühle und nach seinem Tode müssen die Nachkommen seines Bruders die Mühle geerbt haben. Die beiden Gräfinnen Aurora* und Amalia von Königsmarck werden als Verpächter der Mühle erwähnt. Vermutlich hat Amalie Wilhelmine von Königsmarck  die Mühle bis zu ihrem Tod 1740  in Stade besessen.

George II. von Hannover erwarb die Agathenburger Besitzungen derer „von Königsmarck” im gleichen Jahr und damit auch die Borsteler Mühle. Die hannoversche Regierung wollte die kostspielige Mühle loswerden; aber die regelmäßigen Einnahmen behalten. So wurde die Mühle als Erbzinsmühle gegen Höchstgebot ausgeschrieben.

Nach der Sturmflut von 1825 wurde der Deich um „Vier Fuß“ erhöht. Dadurch stand die Bockwindmühle nun nicht mehr auf, sondern im Deich. Der damalige junge Mühlenbesitzer Adolf Friedrich Peters ließ die Bockmühle abbrechen und erbaute 1856 den heutigen Galerie-Holländer.

1943 wurde die Mühle durch Bomben beschädigt.
Bis 1961
war die Mühle noch in Betrieb, konnte aber nur noch mit Motor mahlen.

Ende der 70er Jahre wurde die Deichlinie auf die Insel Hahnöfersand vorverlegt und die Kreisstraße Grünendeich-Cranz als Hauptverkehrsstraße neu gebaut.

Der Landkreis Stade wollte die Mühle erwerben, hatte jedoch keine Haushaltsmittel. Nach Rücksprache mit dem damaligen Oberkreisdirektor Dieter Diekmann wurde eine Einigung mit dem Mühlenbesitzer getroffen. Die Gremien des Landkreises  fassten die erforderlichen Beschlüsse. Der Aufbaufonds Hamburg-Niedersachsen bewilligte eine bedeutende Summe als Zuschuss.

Nach der Restaurierung wurde für die Borsteler Mühle ein Name gesucht. Seitdem heißt die Borsteler Windmühle „Aurora” zur Erinnerung an Aurora von Königsmarck.


*(Maria Aurora Gräfin von Königsmarck – geboren am 28. April 1662 in Stade, gestorben am 16. Februar 1728 in Quedlinburg – entstammte dem altmärkischen Adelsgeschlecht Königsmarck. Sie war Mätresse König Augusts des Starken von Sachsen und danach Pröpstin des Stiftes Quedlinburg. Voltaire bezeichnete sie neben Katharina der Großen als „die berühmteste Frau zweier Jahrhunderte“.)


Foto der Borsteler Windmühle Anfang des 20. Jahrhunderts hatte die Mühle noch keinen Anbau, das Wohnhaus wurde 1953 errichtet.


Bildnis von Aurora von Königsmarck Nach dem Dreißigjährigen Krieg stand das Alte Land unter schwedischer Herrschaft. Die Adelsfamilie von Königsmarck hatte den Hof in Borstel erhalten – heute Wehrt'scher oder Königsmarck'scher Hof genannt – und wohnte im Schloss Agathenburg. Aurora von Königsmarck kam durch Erbschaft in den Besitz der Mühle.