Rotviolettes Pictogramm Recht der Holländer

53°34'30.1"N 9°37'17.9"E
Das Schilling'sche Brack


Auf der Karte von 1784 ist das Schilling'sche Brack als blauer Punkt eingezeichnet. Ausschnitt der historischen Karte von 1784. (©NLA Stade, Karten, Neu Nr. 11469). Markierung: Schilling'sches Brack ist als blauer Punkt zu erkennen.


Schwarz-Weiß-Foto aus der Luft aufgenommen. Es zeigt den alten Deichverlauf mit der Brackhörne, wie die alte Elbdeichlinie um das Brack herumführte und eine große Ausbuchtung bildete. Luftaufnahme des Schilling'schen Bracks vor 1962. Die Brackhörne ist deutlich als starke Kurve in der Deichlinie zu erkennen.


Skizze des Aufbaus des Elbdeiches nach 1962. Der Kern besteht aus Sand. Für die Kleiabdeckung wurde auch die Kleierde des alten Deiches wiederverwendet. Die Neigungswinkel sind flacher, die Grundfläche des hohen Deiches dadurch größer. Skizze von Hoffman, Cranz. Aufbau des Elbdeiches, wie er nach der Sturmflut von 1962 gebaut wurde.


Schwarz-weiß-Foto aus der Bauphase des Elbdeiches Ende der 1960er Jahre. Der Bagger steht auf dem riesigen Sandberg, der kleinere, alte Deich mit seinem steilen Seitenwinkeln ist noch zu sehen. Man erkennt den Alten Elbdeich und die Baustelle des neuen größeren Elbdeiches mit flacherem Neigungswinkel.


Bracks, Küstenschutz und das Spatenrecht

Die mittelalterlichen Deiche schützen das Marschland vor den täglichen Überflutungen. Aber sie verringerten auch die Überflutungsflächen. Bei Sturmflut stieg das Wasser deshalb höher und die Deiche mussten diesem Wasserdruck standhalten.
Zeugnisse der Sturmflut-Katastrophen sind die „Bracks”, anderswo auch ‚Wehl’ oder amtssprachlich „Kolk”. Brack bezeichnet das Brechen des Deichs, Wehl das Wühlen des Wassers, Kolk das tiefe Loch (niederländisch bedeutet „Kolk” Abgrund).

Ausdehnung und Tiefe der Bracks sind abhängig von Menge und Fallhöhe des einströmenden Wassers und der Beschaffenheit des Bodens.
Wo in früheren Jahrhunderten die Deiche zurückgenommen wurden, ist die feste Grundlage schlechter. Dies Zurücknehmen der Deiche hat im Alten Land mehrfach stattgefunden. So liegt der Standort der ältesten Grünendeicher  Kirche heute außendeichs in der Elbe vor der Lühemündung.
Auch die zur Entwässerung notwendigen Deichdurchlässe (Siele und Schleusen) sind anfällig für Deichbrüche. Ein Einsturz oder ein Austreiben der Schleuse hat fast immer einen Grundbruch zur Folge. Ist der Deich gebrochen und kann nicht sofort verschlossen werden, strömt mit jeder weiteren Tide Wasser in die dahinterliegende Wettern oder ein Fleet und es entsteht ein umfangreicher und tiefer Kolk wie zum Beispiel das Große Brack in Borstel.

Bracks liegen immer auf der Binnenseite eines Deichbruchs. Sie wurden später eingedeicht, was manche Deichkurven der alten Deiche erklärt. Die Namen der Altländer Bracks beziehen sich auf den Ort, den Namen des für den Deichabschnitt – Kabel genannt – verantwortlichen „Kabelhalters” oder natürliche Merkmale.

„Kein Land ohne Deich, kein Deich ohne Land” – auf diesem Satz basiert das Deichwesen bis heute. Vom Mittelalter bis 1962 exisiterte die Kabeldeichung. Jedem Stück Land war ein Deichabschnitt zugeordnet. Der Landbesitzer war verpflichtet sein Deichkabel in gutem Zustand zu halten. „Wer nich will dieken, mut wieken.” Wer seine Deichpflicht nicht erfüllte, wurde enteignet. Der Spaten wurde in das Deichkabel gesteckt, wer ihn herauszog, erwarb damit den Besitz mit allen verbundenen Deichpflichten.

Nach den katastrophalen Fluten von 1962 und 1976 änderte sich die Strategie des Küstenschutzes. Das Deichwesen wurde genossenschaftlich organisiert, die Deichlinie wurde grader, Deichprofil und Deichaufbau wurden verändert. Flachere Neigungswinkel mindern die zerstörerische Energie des Wassers. Der Deichkern besteht aus Sand, er wird mit einer kompakten Kleischicht abgedeckt. Wege beiderseits des Deichs erleichtern Pflege und Deichverteidigung im Sturmflutfall. Gräben führen Niederschlags- und Sickerwasser, sowie Wasser aus möglichen Wellenüberläufen ab.

Bei der Höhe der Deiche ist heute aus verschiedenen Gründen ein kritisches Niveau erreicht, da das Eigengewicht (der Bodendruck) bedenklich steigt. Die Deiche waren nach der schweren Sturmflut 1976 weiter erhöht worden und sind heute 8 m hoch. Nicht überall ist der Untergrund ausreichend tragfähig, da im Bodenprofil unterschiedlich stabile Schichtungen vorkommen. Weitere Erhöhungen führen an einigen Stellen zum Absinken des Deiches. Die vorgesehenen Böschungswinkel gelingen nicht überall, da der erforderliche Platz dafür nicht zur Verfügung steht. Straßen und Häuser begrenzen die Möglichkeiten. Ein Ausweichen zur Wasserseite hin ist oft nicht möglich, da die Tragfähigkeit zur Elbe hin regelmäßig abnimmt.


Das Schilling’sche Brack

Das Brack entstand am 25. November 1685 durch einen Deichbruch während der berüchtigten Ersten Katharinenflut. Der Kabelhalter musste damals „den Spaten stechen”, was Enteignung bedeutete.

Das Schilling’sche Brack liegt am Elbdeich oberhalb der ehemaligen Bucht Mojenhörn. In früheren Jahrhunderten galt Mojenhörn als die am meisten gefährdete Deichstrecke der Ersten Meile.

Um 1960 schreibt Hans-Peter Siemens: „Bei der Gastwirtschaft ‚Zur Elbschlucht‘ springt nun bei der Kabel 59 der Deich mit einer mächtigen Bastion nach außen vor; das ist die Brackhörne. Das tiefe Brack liegt in der Deichkrümmung und ist noch 36 Ar [ 3.600 qm ] groß.  … Das Brack steht durch einen Graben mit der südlichen Wettern und durch ein Siel mit der Elbe in Verbindung.”

Die Lage am Brack am Elbdeich hat sich nach der Flut 1962 durch die Deichbaumaßnahmen stark verändert. Der Deich wurde elbseits verlegt und begradigt. Heute ist das Brack nur noch 1.692 m² groß, es wurde teilweise verfüllt. Nach Aussage von Jürgen Hoffmann, Cranz,  war es im Jahr 2000 noch 10 m tief mit stark muddigem Grund.